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Montag, 20. November 2017

"Aber du musst doch einen Plan B haben." - oder: Wie ich zum Lehramt gekommen bin

"Lehrer sein ist kein Beruf, sondern eine Berufung.", "Wer Lehrer sein möchte merkt das sofort." Oder auch "Schon als Kind wollte ich Lehrerin werden." - Sätze wie diese hört man während des Studiums immer wieder. In Schulpsychologie haben wir gelernt, dass ein guter Lehrer schon immer Lehrer werden wollte und dies im Unterbewusstsein schon als Kind gespürt hat. Hm... Heißt das im Umkehrschluss, dass ich mal eine sehr schlechte Lehrerin werde? Ich glaube nicht.

Ich gehöre zu den Kandidaten, die nicht als langersehnten Berufswunsch in Diddl-Freundschaftsbüchern "Lehrerin" geschrieben hat. Wenn ich ganz zurück denke wollte ich zuerst Zahnärztin werden. Der Grund ist im Nachhinein ganz niedlich: Ich mochte immer gerne zum Zahnarzt und hab nie verstanden, warum Leute Angst davor haben. Ich wollte den Leuten die Angst davor nehmen. Und außerdem wollte ich unbegrenzten Zugang zu den Kaugummis, die man als Kind nach jedem Zahnarztbesuch bekommen hat. Als kleines Mädchen kam mir das sehr schlüssig vor.
Später, vielleicht so im Alter von 10 bis 13 wollte ich Pathologin werden. Dafür gebe ich ein bisschen meinen Eltern die Schuld, die mit mir immer Tatort und ähnliche Krimisendungen gesehen haben und ich die Pathologen am coolsten fand. Meine Mama erzählt jetzt gern noch die Geschichte, wie ich dieses Berufswunsch auf einer Familienfeier stolz vorgetragen habe. Als man mich nach dem Grund fragte, antwortete ich wie selbstverständlich "Na, die Menschen sind dann schon tot, da kann ich nicht mehr viel falsch machen." Die Logik von Kindern ist manchmal unschlagbar.

Ich muss gestehen, dass ich mir die Jahre danach nicht wirklich bewusst darüber Gedanken gemacht habe. Schließlich hatte ich ja noch ein paar Jahre, bis dahin fällt mir schon was ein. Ob ich meinen eigentlichen Berufswunsch schon in der 10. Klasse im Hinterkopf hatte kann ich gar nicht sagen, aber unwahrscheinlich ist es nicht. Und in der 11. Klasse war es dann so weit: Ich sendete meine Bewerbung ab und Trainierte für einen Sporteignungstest. Denn für mich stand fest: Ich werde Polizistin. Ich habe von vielen Seiten Bestätigung erhalten, nur meine Eltern hielten sich mit ihrem Urteil zurück. Na gut, habe ich gedacht, vielleicht haben sie Angst, dass ich den Test nicht schaffe und dann zu enttäuscht bin. Doch es kam komplett anders, denn ich bestand den Test und hatte sehr gute Chancen angenommen zu werden. Da hab ich allerdings die Rechnung ohne meine Eltern gemacht, denn anstatt stolz zu sein waren ihre Mienen versteinert und der 3. Weltkrieg zu Hause brach aus. Der Haushegen hing sehr lange schief und nach langem hin und her entschied ich mich gegen eine Polizeilaufbahn. Damals war ich sehr lange sehr wütend auf meine Eltern und hab es nur aus Liebe getan, damit ich unser Verhältnis nicht auf Dauer gefährde. Heute weiß ich, dass sie nur Angst um mich hatten. Sie wussten, dass ich niemand bin, der innerhalb der Polizei einen ruhigeren Job annehmen würde. Ich würde dafür kämpfen einen sehr guten Job zu bekommen, der auch einige Risiken jeden Tag mit sich bringt. Ich muss gestehen, dass ich manchmal diese "Was wäre wenn" Gedanken habe, und ich bin davon überzeugt, dass ich eine sehr gute Kriminalpolizistin geworden wäre. Aber unglücklich bin ich deswegen nicht, denn am Ende war es doch meine Entscheidung.

Gefrustet und nun komplett orientierungslos was meine Jobwünsche angeht bin ich also durch die 12. Klasse. Bis zu dem Tag, wo ich 90 Minuten was zu Shakespeare und Romeo und Julia machen sollte. Meine Deutschlehrerin ist der Horror einer Lehrkraft, hatte keine Lust mehr und hat mit uns abwechselnd Filme geschaut und Vorträge machen lassen. So verhielt es sich auch mit der Lektüre. Wir haben sie gelesen und mussten diese durch Vorträge aufarbeiten. Irgendwie hat mich die Wut über eine solche Unfähigkeit gepackt und ich habe sehr viel Arbeit in meine 90 Minuten gesteckt,  es wie eine Unterrichtsstunde ein bisschen aufgebaut. Und siehe da, meine unmotivierte Klasse hing mir an den Lippen, hat mitgemacht und sogar mich immer wieder bestärkt. Die Stunden vergingen wie im Flug. Nun gut dachte ich, könnte auch Zufall gewesen sein, da es sicher eine nette Abwechslung war. Als ich kurz darauf meine 45 Minuten Referate in Geschichte und Geografie hielt passierte jedoch genau das selbe, teilweise auch dank Kurssystem vor anderen Leuten. Ausgesprochen habe ich es nie, aber ab da stand für mich fest, dass Lehrer sein mir auch liegen könnte und der Beruf eine Chance verdient hat.

Ich muss gestehen, dass ich nicht gewusst hätte welchen Ausbildungsberuf ich hätte ergreifen wollen. Bankkauffrau auf gar keinen Fall. Wenn ich heute darüber nachdenke wäre ich wohl in die Richtung Reiseverkehrskauffrau gegangen.

Ehrlicherweise bin ich kein Mensch, der sich einen 100% sicheren Plan B in der Hinterhand bereit hält. Daher unterscheide ich mal in halbwegs ernst gemeinte Pläne und nicht so ernst gemeinte Pläne.
Fangen wir mit den halbwegs ernst gemeinten an. In den ersten 3 Semestern habe ich mich mit dem lernen sehr sehr schwer getan. Da gab es öfter vor, dass ich voller Wut gesagt habe "Boa mir reichts, ich schmeiße alles hin, mache was vernünftiges und studiere Jura". Und ich muss gestehen, dass ich die Nacht vor einer Prüfung, durch die ich bereits einmal gefallen bin und somit nur noch dieses einen Versuch hatte, mich heulend und mit einer Sektflasche in der Hand für Jura an meiner Uni beworben habe. Die Prüfung habe ich bestanden, lustigerweise wäre ich aber auch für Jura angenommen worden. Wie ihr seht bin ich bei Lehramt geblieben, Jura wäre nicht wirklich was für mich. Einen zweiten halbwegs ernst gemeinten Plan B wäre es Tierärztin mit Schwerpunkt auf Zoologie zu werden. Jeder, der mir auf Instagram regelmäßig und länger folgt wird mitbekommen haben, dass ich ein absoluter Zooliebhaber bin und sogar eine Jahreskarte für den Zoo in Heidelberg habe.

Kommen wir jedoch nun zu den Plänen, die meist als Witz, mit einem Zwinkernden Auge, mit hysterischem Lachen oder auch dem ein oder anderen Gläschen Wein entstanden sind. In der engeren Auswahl stehen dort Sachen wie einen eigenen Zoo aufmachen, eine Faultieraufpäppelstation eröffnen (ihr seht worauf dies hinaus läuft), meinen Doktor machen und Studenten ärgern, in die Politik gehen, Reisetesterin werden, Banken überfallen und vieles mehr...

Ihr seht, dass nicht jeder sofort seinen Traumberuf weiß. Auch wenn ich im Allgemeinen sagen würde, dass ich eher ein Mensch bin, der ungerne einen Plan B so präsent hat, dass er allgegenwärtig ist. Aber manchmal führt ein nicht ganz freiwilliger Plan B zum Glück und lässt einen erkennen, was man wirklich will. Und wenn man einmal in eine Situation kommt, die ausweglos zu sein scheint, dann schadet es auch nicht, komplett abgedrehte und realitätsfremde Plan B's zu haben. Darüber kann man lachen und Witze machen, und schon sieht die Welt besser aus.

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